Gestern wurde der Film, der nach einer Romanvorlage von Martin Suter gedreht worden ist, in Berlin vorgestellt. Einige Szenen wurden auch im Fernsehen gezeigt und haben mich sehr beeindruckt.
Zum Inhalt:
Der 60-jährige Konrad Lang (Gérard Depardieu) kümmert sich seit vielen Jahren in einer Art Hausmeisterfunktion um die Instandhaltung der Ferienvilla der reichen Industriellenfamilie Senn. Als er eines Tages unachtsam Feuer macht und anstelle des Kamins das ganze Haus in Flammen steht und abbrennt, macht er sich auf den Weg zu seiner Zieh-Familie, die ihn jahrelang auf Abstand gehalten hatte.
Unterdessen feiert Philippe (Yannick Renier), der einzige Enkel des früh verstorbenen Patriarchen, Arthur Senn, eine glanzvolle Hochzeit mit der hübschen Simone (Alexandra Maria Lara) auf dem herrschaftlichen Hauptwohnsitz. Er ist der ganze Stolz des alternden Familienoberhauptes Elvira (Françoise Fabian), der zweiten Frau seines Großvaters und Stiefmutter von seinem Vater Thomas (Niels Arestrup), der seine Tage weniger mit Arbeit denn mit Golfspielen verbringt. Extra für die Feierlichkeiten angereist ist auch Thomas’ Ex-Frau Elisabeth (Nathalie Baye), die sich inzwischen in Boston ein neues Leben fernab der Familie und der matriarchalischen Elvira aufgebaut hat
Das plötzliche Auftauchen des sichtlich verwirrten Konrad, der so gar nicht in das Bild der eleganten Gesellschaft passen will, stört die Festlichkeiten empfindlich und die entrüstete Elvira stellt Konrad im Nebenzimmer gemeinsam mit ihrem persönlichen Berater Scholler (Féodor Atkine) und Thomas zur Rede. Konrad beichtet den Hausbrand und gesteht, durch die „Piratentür“ in das Haus der Senns gekommen zu sein, ein Durchgang, den er und Thomas als Kinder oft als Geheimgang nutzten. Elvira wundert sich über Konrads erstaunliches Erinnerungsvermögen, bis ihr Dr. Cohen (Olivier Claverie), Hausarzt der zuckerkranken Dame, die beeindruckenden Leistungen des Langzeitgedächtnisses gerade bei Demenzkranken darlegt.
Simone hat Konrads unerwartetes – und offensichtlich unerwünschtes – Erscheinen neugierig gemacht. Bald erfährt sie, dass es sich bei dem älteren Herrn um Thomas’ früheren Spielgefährten handelt, den Sohn einer Angestellten von Arthur Senn, Anna, die nach dessen Tod in die USA ging. Sie ließ ihren Sohn bei den wohlhabenden Senns zurück und so kam es dazu, dass die beiden Jungen wie Brüder miteinander aufwuchsen. Und auch Elisabeth geht die Begegnung mit Konrad am Hochzeitsabend nicht aus dem Sinn, verband sie und ihn doch eine innige Jugendliebe, bevor sie sich für den selbstbewussten Thomas entschied. In Konrads Stammlokal erinnern sich die beiden an glücklichere Zeiten und merken, dass sie immer noch Gefühle füreinander hegen. Simone, der die Vertrautheit von Konrad und Elisabeth nicht entgangen ist, interessiert sich mehr und mehr für die Geschichte des „ausrangierten“ Jugendfreundes ihres Schwiegervaters, und beginnt, sich um den häufig neben sich stehenden Konrad zu kümmern. Bald berichtet Konrad seiner neuen Vertrauten von Erlebnissen aus frühester Kindheit, die ihn mit Thomas, „Tomi“, wie er sagt, verbinden, und an die sich dieser so gar nicht zu erinnern vermag.
Als Simone beim Familienfrühstück von Konrads Erinnerungen an eine Venedig-Reise mit Thomas, Elvira und Anna berichtet, an die sich Thomas abermals nicht entsinnen kann, verlässt Elvira sichtlich aufgebracht über Simones Erforschungen den Raum und zieht sich mit alten Fotoalben in ihr Arbeitszimmer zurück. Simone ist es auch, der als Erste auffällt, dass Konrad zwar immer eindringlichere Kindheitserinnerungen hat, zugleich aber sein Bezug zur Gegenwart mehr und mehr zu verschwimmen scheint und er im Alltag einen immer hilfloseren Eindruck macht. Es scheint, als würde Konrad sich in seiner eigenen Welt befinden. Als er sich eines Tages auf dem Weg vom Supermarkt in seine neuen Wohnung – finanziert von Elviras schlechtem Gewissen ihm gegenüber – verläuft, bringt Simone ihn nach Hause. Dort taucht kurz darauf auch die von Konrad zum Essen eingeladene Elisabeth auf. Nach einer gemeinsamen Nacht mit ihr, läuft Konrad unbemerkt hinaus in die Kälte, nur mit einer Decke umhüllt, um wie in Kindertagen, durch den Schnee zu laufen.
Die erschrockene Simone findet ihn erst zufällig am nächsten Morgen halb erfroren im Park des Familienanwesens, doch Konrad scheint sich nicht über die mit ihm vorgehenden Veränderungen im Klaren zu sein. Wie ein kleines Kind möchte er am liebsten sofort mit Simone aus dem Krankenhaus zurück „nach Hause“, zurück in den Schoß der Familie Senn. Elisabeth hingegen wächst die ganze Sache über den Kopf. Als Konrad sich in derselben Nacht vom Dach des Krankenhauses in die Tiefe stürzen will – in seinen Augen eine Art Spiel – eilt Elisabeth zu ihm, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Doch Konrad fällt, und nach seiner Rettung durch die angerückte Feuerwehr muss die konsternierte Elisabeth erkennen, dass die Situation sie überfordert. Niedergeschlagen kapituliert sie vor seiner fortschreitenden Demenz.
Elvira ist hin- und her gerissen zwischen ihrer Abneigung, Konrad um sich zu haben, und ihrem vorgeblichen Mitleid um ihn. Gegen Thomas’ und Schollers Willen bringt sie Konrad im Gästehaus der Senns unter, wo er von nun an von Simone und geschultem Pflegepersonal rund um die Uhr umsorgt wird. An Konrads Seite blüht die stille Simone sichtlich auf, denn im Gegensatz zu ihrem Mann Philippe, den sie auch noch in flagranti mit einer anderen Frau beobachtet, hat sie bei dem ebenso humorvollen wie kindlichen Konrad endlich das Gefühl, gebraucht zu werden. Aber als Konrad, auf der Flucht vor einer Nachtschwester, die er „Mama Anna“ nennt, eines Abends ein wichtiges Geschäftsessen der Familie stört, um von „Mama Vira“ beschützt zu werden, greift Elvira zu anderen Mitteln, um den Ruf ihrer Familie zu wahren: Sie beauftragt Scholler damit, die Heizung im Gästehaus abzustellen, und nur dank Simones und Dr. Cohens Einsatz überlebt Konrad eine schwere Lungenentzündung.
Die Situation spitzt sich dramatisch zu, als Simone unerlaubt Kopien von Elviras alten Fotoalben anfertigt, die Kindheitsaufnahmen von Konrad und Thomas enthalten: „Tomi“ und „Koni“, wie Konrad ihr sagt, als sie ihm die Bilder zeigt. Langsam kommen irritierende Fragen auf. Ist es möglich, dass Elvira vor allen ein schwerwiegendes Geheimnis verbirgt? Auch Thomas macht das merkwürdige Verhalten seiner Stiefmutter stutzig, und als Elvira erkennt, dass sie ihre Version der Vergangenheit nicht länger aufrechterhalten kann, greift sie zum für sie letztmöglichen Ausweg… (soweit der Pressetext)
Martin Suter antwortet in einem Interview auf die Frage: Ein wichtiges Element in SMALL WORLD ist die Thematik des Alterns und der Demenz. Haben Sie selbst auch persönliche Erfahrungen mit Alzheimer gemacht?
Mein Vater ist in einem relativ fortgeschrittenen Stadium des Alzheimers gestorben. Ich habe den Roman aber erst ein paar Jahre danach geschrieben. Und ich hab ihn nicht geschrieben, um ein eigenes Problem zu bewältigen. Ich habe meinen Vater erlebt als jemand, der immer mehr in die Vergangenheit zurückging – kein seltenes Symptom bei der Krankheit. Er erkannte Leute auf uralten Fotos wieder, aber Leute aus seiner Gegenwart manchmal überhaupt nicht mehr. Ich hab dann später mal gedacht, was wäre, wenn er in der Vergangenheit, in die er immer präziser zurück kam, etwas erlebt hätte, was er vergaß, als er größer wurde – und wie würde er das der Gegenwart vermitteln können? Das war die Konstellation: diese Zeitreise-Idee. Ich habe dann viel über Alzheimer recherchiert und wusste, als ich das Buch schrieb, viel mehr über die Krankheit, als damals, als mein Vater betroffen war.
Es gibt viele Leute, die selber kranke Angehörige haben, die mir sagen, dass ihnen das Buch sehr viel Wissen darüber gegeben hat. Das Buch wird auch in der Pflegekunde benutzt und auch in der Alzheimerforschung. Also hat es – was ich nicht beabsichtigt habe, mich aber freut! – ein bisschen zum Verständnis der Krankheit beigetragen
Den Trailer des Filmes kann man sich hier
Das Buch ist auf jeden Fall sehr beeindruckend und eröffnet ganz neue Sichtweisen. Bin gespannt wie der Film sein wird. Danke für den Hinweis.
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