Lili hat einige Gedanken zu meinem Blogeintrag „Pornos der Hochkultur“ eine Rezension zu „der alte König in seinem Exil“ von Arno Geiger geschrieben. Damit es nicht in den Kommentaren untergeht, stelle ich diese kleine Rezension von Lili hier als eigenen Blogeintrage ein. Sie schreibt:
Ich habe das Buch von Arno Geiger vor wenigen Tagen gelesen und war sehr beeindruckt. Er schreibt übrigens nichts „Unappetitliches“, was ihm übrigens in manchen Rezensionen als „Verklärung“ vorgeworfen wurde. Das Buch lässt dem Vater absolut die Würde. Ich habe es gelesen, weil es Arno Geiger gerade auch darum ging, seinen eigenen Umgang mit dem Vater, dessen beginnende Demenz lange nicht erkannt wurde und die Kinder ungeduldig, unzufrieden mit dem Vater sein ließ, darzustellen. Ich habe mich selbst so sehr wieder erkannt in den Dialogen und fand auch manche Überlegung des Autors für mich sehr hilfreich und teils auch entlastend in meinem Umgang mit meinem dementen Schwiegervater.
Den Vater von Arno Geiger kenne ich nur aus dem Buch. Ich finde nicht, dass er ihn verraten hat. Letztlich gilt die Überlegung für all jene Autoren, die über ihre Familien schreiben oder Menschen, die sie kennen und erkennbar sein lassen, dass sie gut darüber nachdenken müssen, was sie schreiben.
Das Buch von Tilmann Jens kenne ich nicht. Bei ihm gilt, dass wir alle den Vater, über den er schreibt, kennen und wahrscheinlich schockiert sind, dass jemand mit solcher Bildung und Intelligenz dement wird. Aber in seinem Fall gilt jedenfalls, dass der Vater selbst soviele Zeugnisse seines Lebens hinterlassen hat, die er gestaltete, dass ich den Vorwurf des Kolumnisten nicht für richtig halte.
Im übrigen möchte ich als betroffene Angehörige schon auch dafür sprechen, dass es manchmal wichtig ist, auch die unappetitlichen Aspekte zu streifen. Es passieren Dinge, die einen völlig ratlos lassen und man ist als Angehöriger froh, dann zu hören, dass dieses Verhalten professionell Pflegenden bekannt ist und auch klar ist, wie man damit umzugehen hat.
Ich finde es gut, dass Demenz in unserer Gesellschaft nicht mehr totgeschwiegen wird, sondern immer wieder ein Thema ist (gerade Sonntag sah ich in 3-Sat ein Feature dazu). Wir kommen nicht darum herum.