November: Totengedenken

Giannina vom Klanggebet-Blog hat ein Gedicht gepostet. Auch ihre Überlegungen dazu sind lesenswert.

An die Verstorbenen

Lebenslandschaft (Kunsttherapie)

Lebenslandschaft (Kunsttherapie)

Was ich versäumte zu sagen, das sag ich Dir nun
Und was ich versäumte an Taten, das will ich jetzt tun
Und was ich versäumte zu lassen, das lasse ich zieh’n
Und so ich versäumte zu sehen, seh’ ich nun hin
Und wenn ich vergaß Dich zu halten, so halt’ ich Dich jetzt
und bat ich Dich nicht um Vergebung, da ich Dich verletzt
so bitt’ ich Dich heute, und halte Dir hin
all dies Versäumte, und das was ich bin.
Schwer ist mir das Herz, das dankbar erkennt:
Nie liebte ich Dich mehr als in diesem Moment.

(giannina wedde, klanggebet.wordpress.com)

(Das Bild ist im Rahmen des künstlerischen Arbeitens mit dementiell veränderten Menschen im Heim, in dem meine Mutter zuletzt gelebt hat, entstanden. Es ist eine dreidimensionale Stoffcollage, die dann besprüht worden ist.)

Totengedenken am Ewigkeitssonntag

Gestern habe mich auf den Weg gemacht um am Gottesdienst zum Ewigkeitssonntag in der Kirche teilzunehmen, die für Mama so wichtig wurde als sie im Heim lebte und wo sie regelmäßig an den monatlichen Demenzgottesdiensten teilnahm. Ich hatte den Pfarrer gefragt, ob Mamas Name dort im Gottesdienst genannt werden könnte, denn dort war sie in der Gemeinde, wenn auch der Beerdigungsort ein anderer ist. Wiedermal wurde auf der S-Bahnstrecke, dieses Mal am Ostkreuz, gebaut. So war ich durch dreimaliges Umsteigen 2 1/2 Stunden unterwegs. Als nun die Kirche in Sichtweite war, sah ich von Weitem, daß ein Feuerwehrauto vor dem Kirchengebäude stand. Hoffentlich brennt es dort nicht. Aber als ich näher kam, erkannte ich, daß die Freiwillige Feuerwehr damit beschäftigt war, die 30 Meter hohe Tanne mit Weihnachtsbeleuchtung zu bestücken.

Es waren etwa 40 Besucher gekommen und außerdem der Kirchenchor. Es war ein sehr schöner Gottesdienst, und es gab „ein Geschenk von der Kirche“. Mama mochte das so gern, daß es jedes Mal etwas zum Mitnehmen gab, das mit dem Gottesdienst verband. Heute war es die Kopie eines Bildes, das Grundlage der Ansprache war, der „trauernde Johannes“ von Deodato Di Orlando (um 1400).

trauernder Johannes von Deodato di Orlando um 1400

Als die Namen derer verlesen wurden, die während des letzten Kirchenjahres verstorben sind, wurde für jeden und jede ein Teelicht an einer größeren Kerze entzündet, auf der ein griechisches Alpha und Omega waren, ein Symbol für Jesus, der von sich gesagt hat, daß er der Anfang und das Ende sei – so sagt es das Johannesevangelium. Die große Kerze und die kleinen wurden auf dem Taufstein aufgestellt.

Taufstein mit Gedenkkerzen

Als ich nach dem Gottesdienst die Fotos machte, bekam ich mit, daß es manchen Leuten wichtig ist, welches Teelicht nun genau für ihren Angehörigen angezündet wurde. Neben mir stand ein Paar, das eine Auseinandersetzung darüber hatte, welche Kerze nun die für Onkel Rudolf entzündete sei: die hier – nein die hier war es. Mir hat diese Form des Erinnerns gut getan.

Anschließend hatte ich noch etwas Zeit bis zur nächsten S-Bahn und ging kurz rüber ins Heim. Einige schöne neue Gestaltungen aus der Kunsttherapie sah ich. Und über Katze Pinki, die sehnsuchtsvoll vor der Bürotür miaute, habe ich mich sehr gefreut.

Katze Pinki