Die sind nicht bescheuert …

ist ein Interview in der Printausgabe des Spiegel von letzter Woche (10. März 2014) überschrieben, das online leider nicht kostenfrei zugänglich ist. Michael Schmieder, Heimleiter von Haus Sonnweid, einem Schweizer Heim, das Maßstäbe gesetzt hat und setzt in der Betreuung von Demenzkranken, verwahrt sich gegen den verstörenden Trend, Demenzkranke in Pseudowelten leben zu lassen, sei es das niederländische Heim De Hogeweyk bei Amsterdam oder daß man Demenzkranke in ein Zugabteil setzt und ihnen dann per Filmprojektion Landschaften vorführt, die an ihrem Abteilfenster vorbeifliegen.

Das Interview finde ich sehr empfehlenswert und hoffe, daß es bald kostenfrei zugänglich wird. Dann trage ich den Link hier nach. Leider verbleibt das Interview derzeit im kostenpflichtigen Bereich. Aber es gibt einen nicht weniger lesenswerten Artikel über das Haus Sonnweid und zwar unter dem Titel Endstation Wellness.

Inzwischen gibt es den Artikel doch online und zwar hier. Frau Snoopy hat’s gefunden. Vielen Dank!

Heute anders (1): Kleidung kennzeichnen

Letzte Woche war der dritte Todestag meiner Mutter. Die Zugriffszahlen auf diesem Blog sind erstaunlicherweise – wie ich finde – so hoch wie nie zuvor. Immer wieder werde ich gefragt, was ich rückblickend mit meinem heutigen Wissen anders machen würde. Deshalb habe ich mich entschlossen dazu eine kleine Serie zu machen, die unter der Kategorie „heute anders“ läuft.

Im ersten Heim, in dem meine Mutter fast eineinhalb Jahre lebte, war eine der ersten „Amtshandlungen“ beim Einzug, daß ich für die Wäschekennzeichnung 60 oder 80 Euro bezahlen sollte. Diese Wäschekennzeichnung sollte über das Einnähen von Namensetiketten erfolgen. Für die Unterwäsche lief das auch, jedoch wurde nur ein Bruchteil der Oberbekleidung gekennzeichnet. Dies war Aufgabe von Praktikantinnen und so hörte ich immer wieder von Mitarbeitern, die Kleidung würde eingemerkt, „sobald die Praktikantin Zeit hat“. Nur: Die Praktikantinnen hatten nie ausreichend Zeit. Als meine Mutter auszog war nur noch ein Bruchteil ihrer Oberbekleidung auffindbar. Das hat sie sehr schwer getroffen. „Alles wird mir hier gestohlen“ hat sie mehrmals dazu bemerkt.

Ich blieb freundlich und bestimmt, forderte immer wieder die Kennzeichnung und scheiterte. Ich wollte einfach nicht als „nörgelnde Angehörige“ laufen. Immer wieder sortierte ich Kleidung aus dem Schrank meiner Mutter aus, die ihr fälschlicherweise zugeordnet worden war, holte Mitarbeiter an den Schrank, führte Gespräche: Erfolglos. Dazu kam, daß die Kleidung im Heim gewaschen wurde. Das galt – so die Beratung für pflegende Angehörige – als positiv, denn wenn Kleidung außerhalb des Heims gewaschen wird, dann sei das Risiko von Diebstahl größer. Allerdings: Wenn nur Namensbänder mit ein paar Stichen eingenäht werden, dann können die schnipp-schnapp ganz schnell entfernt werden.

Heute würde ich zwei oder drei Gespräche führen und dann schriftlich eine Frist setzen und falls die Kleidung bis zu dieser Frist nicht gekennzeichnet ist, die Einrichtung auffordern, die Gebühr, die ich dafür entrichtet habe, auf mein Konto zu überweisen. Außerdem würde ich jedes Kleidungsstück – außer Unterwäsche -, das ins Heim kommt, mit einer Digitalkamera dokumentieren.

Dass es auch ganz anders geht, erlebte ich beim Einzug meiner Mutter ins zweite Heim. Nach dem Begrüßungskaffee in ihrem Zimmer wurde meine Mutter von der zuständigen Hauswirtschaftskraft Margit gefragt, welche Kleidungsstücke sie in den nächsten drei Tagen benötigen würde, damit diese sofort mit ihrem Namen gekennzeichnet werden könnten. Meine Mutter suchte diese Kleidungsstücke aus. Es wurde eine Vorlage erstellt und die gewünschten Kleidungsstücke mit einer Thermopatch-Maschine sofort gekennzeichnet. Die anderen Kleidungsstücke wurden in den folgenden Tagen gekennzeichnet. Die Kleidung wurde außerhalb gewaschen (Diebstahlsgefahr !!!) und zwar in einer nahegelegenen Einrichtung für geistig behinderte Menschen, die dort in Wohngruppen leben. Was soll ich sagen: In den fünf Jahren, die meine Mutter im Heim 2 lebte, ist kein einziges Kleidungsstück verschwunden. Und daß ich mit Margit eine ganz besondere Mitarbeiterin vor mir hatte, das konnte ich an diesem Nachmittag noch nicht wissen.

Zum Weiterlesen:
Wie der Einzug oder Wechsel in ein anderes Heim positiv gestaltet werden kann steht hier.

NACHTCAFé: Immer für andere da – Erfüllung oder Ausbeutung?

Nachtcafe Signet
Letzten Freitag (28. Februar 2014) ab es im NACHTCAFé des SWR wieder eine Sendung, die das Thema dieses Blogs berührt. Neben den Gründern der Hilfsaktion Cap Anamur, Ruppert Neudeck und seiner Frau Christel Neudeck, ist auch Schreinermeister Wolfgang Beismann zu Gast, der seine Frau neben seiner Berufstätigkeit gepflegt hat bis zum Zusammenbruch. Er gab seine Frau dann in ein Heim, von dem er sagt, es sei ein gutes Heim gewesen. Nach zwei Jahren holte er sie zurück. Tessa Korber kümmerte sich elf Jahre rund um die Uhr um ihren autistischen Sohn. Ihre Ehe zerbrach. Heute lebt der Sohn in einem Heim. Die sehr eindrucksvolle Sendung (90 Minuten) kann man hier anschauen.